Wenn es schnell gehen muss, dann stell deine Kamera besser auf M

…oder warum ich keine Belichtungsautomatik verwende

Puh, jetzt fang ich gleich mal kontrovers an. Früher habe ich notgedrungen immer manuell mit Handbelichtungsmesser fotografiert, da die meisten meiner Kameras gar keinen Belichtungsmesser eingebaut hatten. Irgendwann hab ich mir einreden lassen, wie toll doch die Zeitautomatik ist, und der Computer in der Kamera das doch eh alles besser kann. Nur leider, wenn man sich die Ergebnisse genauer ansieht, stimmt das in ganz vielen Fällen nicht. Der Computer der Kamera weiss nämlich gar nicht, was Du für ein Bild machen willst. Woher auch?

Und wenn die Automatik immer alles richtig macht, wieso gibt es dann die Belichtungskorrektur? Wieso muss ich denn dann z.B. bei Gegenlicht, High Key oder Low Key die Belichtung der Automatik korrigieren? Und …. wie war das gleich nochmal + oder – und wieviele Blenden überhaupt?

Aber mal im Ernst: Ich will sicher niemandem einreden, wie und womit er die Belichtung seiner Bilder am besten macht. Dafür sind die Geschmäcker, Herangehensweisen und Vorlieben zu verschieden. Was ich aber tun möchte, ist euch einen Weg zu zeigen, wie man beispielsweise, wenn es wirklich schnell gehen muss, wie in der Streetfotografie mit der Einstellung M unglaublich schnell sein kann.

Aber bevor wir dazu kommen, ein kleiner Ausflug in die Fragestellung:

Wann ist die Belichtung eigentlich richtig?

Die professionelle Antwort auf die Frage ist natürlich, wenn das fertige Bild so aussieht, wie der Fotograf es beim Fotografieren schon haben wollte.

Aber mal von Anfang an: Licht trifft auf die Objekte, die ich fotografieren will. Diese Objekte sind entweder schwarz, weiss oder irgend was dazwischen. Oder die Lichtquelle ist sogar selber im Bild.

In den meisten Fällen hätte man dann gerne ein Bild, in dem das, was weiss war auch wieder weiss ist, das was schwarz war wieder schwarz ist und das was irgendwo dazwischen war auch wieder genau so aussieht, wie wir es wahrgenommen haben. Und das irgendwo dazwischen darf natürlich gerne auch farbig sein. Alles was ich jetzt erkläre ist erst mal unabhängig davon, ob wir in Farbe oder Schwarzweiss fotografieren.

Besonders wichtig ist das bei Hauttönen. Gerade hier möchte ich die natürliche Helligkeit der Haut richtig dargestellt haben.

Was macht der Belichtungsmesser (egal ob in der Kamera oder als Handbelichtungsmesser)?

Der Belichtungsmesser zeigt mir an, wie ich etwas belichten muss, damit es neutralgrau wird.

Neutralgrau liegt in unserem Empfinden genau in der Mitte zwischen Schwarz und Weiss. Als Referenz für das mittlere Grau=Neutralgrau kann man sich im Fachhandel übrigens eine Graukarte kaufen.

Bleiben wir also erst mal beim Neutralgrau. Wenn ich meine Kamera auf  eine weisse Wand richte und mit Automatik belichte, erscheint die Wand im fertigen Bild nicht weiss, sondern neutralgrau. Wenn ich meine Kamera auf eine schwarze Wand richte, wird das Bild nicht schwarz sondern, ihr erratet es jetzt sicher – ebenfalls neutralgrau. Das heißt, nur wenn mein Motiv eine durchschnittliche Verteilung von Grauwerten hat,  kann es die Automatik richtig belichten. Bei allen Extremen, wie z.B. Highkey, Lowkey oder Gegenlicht wird sie einen durchschnittsgrauen Matsch erzeugen. Und das wollt ihr doch sicher nicht.

Was für Belichtungsmessmethoden gibt es und wie messe ich damit richtig?

Mittenbetonte Messung

Historisch gesehen haben die meisten älteren Kameras oder Handbelichtungsmesser eine mittenbetonte Messung. Also was mehr in der Mitte ist, beeinflusst das Ergebnis mehr als das, was am Rand liegt.

Die richtige Messung ist damit gar nicht so einfach, da mein Motiv sehr wahrscheinlich nicht selbst Neutralgrau ist. Ich richte den Belichtungsmesser also am besten auf etwas, was dem Neutralgrau entspricht oder noch besser, ich habe eine Graukarte dabei und messe auf diese. Eine trockene,  geteerte Straße oder eine Wiese kommen dem Neutralgrau am nächsten.

Spotmessung

Hier wird nur ein sehr kleiner Teil des Bildes gemessen.  Der Spotbelichtungsmesser ist entweder in der Kamera integriert und zieht zur Messung nur einen kleinen Bereich heran (meistens als kleiner Kreis im Sucher zu sehen) oder es gibt ihn Handbelichtungsmesser mit eigenem Okular und Objektiv (häufig sogar mit nur 1° Messwinkel). Die Messung selbst mache ich wie bei der Mittenbetonten Messung oben beschrieben. Die Spotmessung wird häufig in extremen Lichtsituationen verwendet. Dann kann es sinnvoll sein, gezielt Lichter oder Schatten anzumessen.

Doch darauf genauer einzugehen würde den Rahmen dieses Blogbeitrages sprengen. Aber vielleicht mache ich ja auch noch einen 3. Teil zum Thema Belichtung…

Matrix oder Mehrfeldmessung

Wer eine Kamera mit Matrixmessung sein Eigen nennt, wird  häufigere Treffer erzielen. Hier bringt die Kamera etwas mehr eigene Intelligenz mit und betrachtet je nach Hersteller den gesamten Tonwertverlauf des Bildes sowie Informationen vom Objektiv, um zu sehen was in der Schärfeebene liegt. Vorteil: Höhere Trefferrate. Nachteil: Da ich nicht weiss, was die Kamera schon selbst korrigiert, weiss ich auch nicht wann und was ich korrigieren muss. Also bei der Matrixmessung muss ich einfach hoffen, dass die Kamera es richtig macht. Das wird sie häufig tun, aber leider nicht immer.

Lichtmessung

Viele Handbelichtungsmesser messen einfach das Licht das auf das Motiv fällt. Eine meiner Lieblingsmessmethoden nach der unten beschriebenen Sunny 16 Methode. Hier wird eine diffuse weisse Kalotte über die Messzelle geschoben und man richtet diese Kalotte nicht aufs Motiv, sondern in die Richtung aus der das Licht kommt – fertig. Da wir das Licht und nicht das Motiv messen, belichten wir automatisch richtig , egal wie hell oder dunkel das Motiv ist. Das ist im übrigen die Methode, die viele Profis bei Modelshootings oder auch beim Drehen von Kinofilmen verwenden. Haut wird so einfach perfekt.

Das Histogram

Digitale Kameras bieten eine tolle Möglichkeit, sich das Histogram einer Aufnahme anzusehen. Hier erfahre ich ich auch etwas über die Grenzen dessen, was möglich ist, z.B. bei sehr harten Kontrasten.

Wie bei der Spotmessung kann ich damit sehr intelligente Sachen machen,  darüber könnt Ihr mehr im 2. Teil erfahren.

Sunny 16:

Eine Faustregel zur Belichtung, die  extrem gute Ergebnisse liefert und ohne jeden Belichtungsmesser auskommt: An einem sonnigen Tag ist die Belichtungszeit bei Blende 16   1/ISO Wert. Also z.B. Bei meiner Leica M bei 200 ISO Blende 16  1/200 Sekunde. An einem bewölkten Tag mache ich dann die Blende je  nach Wolkendecke 1-2 Blendenstufen auf.  Schwieriger wird es morgens und abends, wenn sich die Lichtverhältnisse  sehr schnell ändern.

Und warum jetzt keine Automatik?

Weil ich nicht will,, dass mir die Automatik bei jedem Wechsel des Bildausschnittes meine mühsam ermittelte Belichtung wieder auf grauen Matsch stellt.

Normalerweise ändern sich die Lichtverhältnisse nicht ständig, wohl aber meine Motive. Wenn ich also meine Belichtung gleich lasse, bleibt sie auch richtig. Das gilt ganz besonders bei schwierigen Bedingungen wie in dem Bild oben.

Wie ich es mache

Ich arbeite im Freien, also z.B. bei Street oder Landschaftsfotografie meist mit der Sunny 16 Regel. Wenn ich unsicher bin mache ich eine Lichtmessung.

Tagsüber ändert sich das Licht meist gar nicht. Also einmal einstellen und vergessen. Es sei denn ich will mit einer anderen Blenden/Zeitkombination arbeiten.

Gehe ich in den Schatten, korrigiere ich um  2-4 Blendenstufen. Mit etwas Übung bekommt man intuitiv ein Gefühl für die richtige Belichtung. Ändern sich die Lichtverhältnisse korrigiere ich die Belichtung sofort um immer schussbereit zu sein. Das ist der Schlüssel, wenn man ohne Automatik arbeiten will.

So kann ich mich  z.B. in der Streetfotografie ganz auf den Moment und den Ausschnitt konzentrieren denn keine Automatik verstellt mir die Belichtung.

In der Praxis wende ich die  Sunny 16 Regel an und rechne sie nach Bedarf auf die gewünschte Zeit/Blendenkombination um.

Für die meisten Arten von Fotografie habe ich meine Lieblingseinstellungen:

In der Streetfotografie möchte ich einen großen Schärfebereich und eine kurze Belichtungszeit haben. Das heißt  für mich mit meinem 28mm Objektiv bei Sonne: Blende 11,   1/500Sekunde bei ISO 320.

Ich liebe das Bokeh meines 50mm Zeiss Sonnar. Daher nehme ich Blende 1,5  ein 2 Blendenstufen Graufilter, 1/4000 Sekunde bei ISO 200.

Für mich ist das inzwischen schon fast automatisch,  wenn ich mich für ein Objektiv entscheide stelle ich also meist Blende, Zeit und ISO Wert ein und ändere sie nur, wenn ich z.B. in den Schatten gehe,  Wolken kommen oder die Sonne untergeht.

Und ganz wichtig: Bleibt entspannt! Macht keine Wissenschaft aus der richtigen Belichtung. Mit Negativfilm oder  RAW Format läßt sich im Nachhinein viel retten wenns mal nicht so gut geklappt hat. Konzentriert Euch lieber auf den Inhalt Eurer Bilder. Und jetzt die Kamera in die Hand und raus mit Euch 🙂

ABER… Ist es denn dabei egal ob ich digital oder analog fotografiere?

kommt drauf an….

Wen ich keine extremen Lichtverhältnisse habe, spielt es erst mal keine Rolle.

Aber für die Extremen Verhältnisse: Lest einfach Teil 2 und 3

Wenn mir nicht der Himmel auf den Kopf fällt und sie nicht mehr schreiben kann

to be continued…